Der zweite Tag in Iran macht uns zu Millionären! Wir wechseln zum ersten Mal die mitgebrachten amerikanischen Dollar in iranische Rial: 1Dollar bringt momentan 33000 Rial. Man/Frau rechne...
Die Fahrt nach Marand wird von Hitze und karger Landschaft geprägt. Nach einem langgezogenen Aufstieg gelangen wir auf eine Hochebene, wo wir glücklicherweise bei einem ausrangierten Bahnhof Schatten finden und eine ausgedehnte Mittagspause einlegen. Als wir Marand aus der Ferne bereits erkennen können, hält ein Wagen vor uns an. Ein junger Herr steigt aus und lädt uns geradewegs zu sich nach Hause ein. Wir sind etwas überrumpelt und zudem noch sehr unsicher was das ganze ta'aarof angeht (ta'aarof ist die Bezeichnung für das hiesige System der Höflichkeit, welches Iraner u.a. in gewissen Situationen dazu “zwingt”, einem anderen etwas anzubieten oder gar aufzudrängen, auch wenn dies vielleicht nicht des ersten Sinn entspricht. Wir folgen treu der Richtlinie, ein Angbot - z.B Einladung zur Übernachtung, Essen das einem über die Strasse - zuerst zwei mal abzulehnen. Wird das Angebot ein drittes Mal gemacht, so kann man getrost annehmen und wissen, dass es ein ernst gemeintes ist).
Schliesslich steigt auch noch seine Mama aus dem Wagen aus und bringt das Angebot ihrerseits ebenfalls vor. Wir nehmen die Einladung gerne an. Und dann, fährt uns Farshad die vollen 12(!)km bis zu sich nach Hause voraus. Laaangsam und mit Warnblinker... Das ist ja mal ein Eskort... ,-) Zuhause werden wir sehr warmherzig umsorgt. Als erstes wird uns eine Dusche angeboten – welch' ein Geschenk für verschwitzte Radler! Dann werden wir mit wunderbaren Früchten verköstigt und der Samowar (Teekocher) wird angeworfen. Nazila, Farshads Schwester, stösst zur Runde dazu. Der Abend ist lau und wir essen auf der Terrasse des Hauses Znacht. Ein Teppich wird ausgerollt und darüber eine Art Tischtuch. Die Speisen werden auf verschiedenen Platten und Tellern sorgfältig darauf angeordnet und schliesslich setzen wir uns alle um diesen Schmaus an den Boden. Wir verbringen einen wunderbaren Abend. Anderntags wartet dann trotzdem das, was ich am wenigsten mag...: Abschied nehmen. Abschied von Menschen, die uns so wohlwollend begegnen, uns aufnehmen und teilhaben lassen an ihrem Leben. Ich bin so unendlich dankbar für all diese “bsunderbare” Begegnungen. Dennoch: wenn sie mir dermassen das Herz berühren wie jene mit Farshads Mama, dann gibt es nur noch eines: gaaaanz fest drücken, mit der Hand auf dem Herz nochmals verdeutlichen wie fest ich Daaanke sagen will, Tränli abwischen und dann hurtig die Sonnenbrille aufsetzen, abfahren...
Bis wir Marand verlassen dauert es dann jedoch noch eine Weile... Schliesslich sollen wir noch beim Laden von Akbar vorbei und uns mit allem Nötigen eindecken. Und er seinerseits begleitet uns bis zur Stadt hinaus. Akbar ist der Kopf der Warmshower-Hosts hier in Marand und fängt systematisch alle Radreisenden eingans Stadt ab. Damit er niemanden verpasst, infomieren ihn jeweils seine Buschauffer-Kollegen, wenn Radler auf der Strecke sind. Wir sind in diesem Jahr übrigens Nr.605 und 606...
Auf dem Weg nach Tabriz werden uns mehrfach kaltes Wasser und Früchte angeboten; einmal sogar eine Mitfahrgelegenheit. So schön, wie hier zu schwitzenden Radfahrern geschaut wird! Und doch sind wir manchmal noch total irritiert. Weshalb die Leute wohl dermassen “Mitleid” haben mit uns? Wir haben doch diese Art zu Reisen – und alle Konsequenzen, welche dies mit sich bringt – selber gewählt...
Ein grosses Verkehrsaufkommen und die einfallende Dämmerung lassen uns kurz vor Tabriz die Entscheidung treffen, abermals in einem der vielen Parks zu übernachten. Viele Familien haben sich hier bereits fürs Abendessen eingerichtet und warten nun einzig aufs “Kommando”... So sieht es zumindest für uns aus. :-) Denn sobald der Muezzin zu singen beginnt, setzen sich alle auf die ausgebreiteten Teppiche und erlaben sich an all den mitgebrachten Köstlichkeiten (es ist ja immer noch Ramadan). Auch wir breiten unsere Plane aus und plündern meine linke Frontrollertasche... Zusätzlich werden uns von verschiedenen Familien Tee, Wassermelone und sogar ein ganzes Menu gebracht. Wir können gar nicht fassen, wie uns geschieht... Einfach: MerciMerciMerci!!
Anderntags, kaum sind wir in die drittgrösste Stadt Irans eingefahren, beginnt ein regelrechtes Feuerwerk an Begegnungen und Einladungen. “hello, hello! Welcome to Iran!”, “where are you from?”, “ah, Switzerland... very good!” Immerzu wird David angesprochen und ich fröne meinem “Besenstiel-Dasein”. Ist ja auch mal ne ganz spannende Perspektive... Interessant wirds, wenn ich für einen Moment alleine mit den Fahrrädern warte. Dann wird die Neugier zu gross und auch ich werde angesprochen, wird mir ein Stuhl angeboten, oder ein Mobiltelefon in die Hand gedrückt, an wessen anderen Ende jemand English oder gar Deutsch spricht...
So “landen” wir beispielsweise im Stoffladen von Reza und seinem Bruder, verbringen dort den halben Nachmittag und bekommen gleich noch ein Santur (iranisches Hackbrett) Privat-Konzertli. Da mein “Himmugüegeli-Lüti” die Erschütterungen der vielen Holperstrassen sehr schlecht vertragen hat, musste ich es schwer verletzt zur Kur nach Hause schicken. Schniefschnief... Und Velofahren ohne “Lüti” geht einfach gar nicht... Und erst noch hier in Iran. Unmöglich! Also machen wir uns auf die Suche nach einem würdigen Ersatz. Na gut, “Suche” ist ja schon etwas übertrieben... Kaum können vor einer Reihe Fahrradläden erklären, was wir suchen, wird uns schon ein “Lüti” entgegengestreckt. “Present, for you...” Und dann versuch ja nicht dafür bezahlen zu wollen...! Also: Danke viuviu Mau! Und nun liebe Taxi- und andere ungeduldige Autofahrer, kann ich euch, wie ihr mir, auch wieder “d Ohre voll lüte”. :-)
Endlich unterwegs zum Hotel, wollen wir nur kurz einen Blick in den Park werfen. Wir werden angesprochen. Von einem älteren Herrn, der fliessend Deutsch spricht, da er viele Jahre in Deutschland gearbeitet hat. Wir kommen ins Gespräch und es entsteht folgendes Bild (welches wir noch öfter “kreieren” werden): Fast unmerklich und innert kürzester Zeit findet sich hier eine ganze Menschentraube. Zwei Radfahrer, mit Gepäck, davon eine Frau(hier sei kurz vermerkt: iranischen Frauen ist es verboten Fahrrad zu fahren; warum kann mir bisher niemand erklären), ein in die Jahre gekommener Iraner mit unglaublich wachem Blick - die drei können sich verständigen, umringt von mindestens zehn gwundrigen grauhäärigen Manndli, welche alle versuchen einen Blick auf die Fremden zu erhaschen und in deren hinter dem Rücken verschränkten Händen sich Gebetsketten ohne Unterbruch drehen... Wenn wir uns verabschieden, löst sich die Menschentraube auf. Zumindest halbwegs... Denn jetzt gibt es wohl allerhand zu plaudern...! Wie gerne wären wir in diesen Momenten “Müüsli”...
Endlich im Hotel sind wir beide ganz geschafft. Ja, manchmal ist es total anstrengend so vielen Menschen zu begegnen und ihnen gerecht zu werden. Lange erholen können wir uns nicht... Wir werden nämlich von Seiad mit dem Fahrrad abgeholt und zum Abendessen bei und mit seiner Familie gebracht. Er hat uns heute, nachdem er David gezeigt hat, wo wir eine SIM-Karte kaufen können, gleich zum Abendessen eingeladen (natürlich haben wir zuerst ausgiebig das ta'aarof -”Spiel” gespielt). Die Frauen des Hauses haben sich ins Zeug gelegt und wir werden leckerlecker verköstigt. Mmh! Der Einstieg erfolgt über eine für den Ramdan traditionelle Suppe, dann werden Poulet und Lammfleisch, Reis, iranischer Salat (in ultrakleine Würfeli geschnittene Gurken und Tomaten mit Limettensaft und Minze), Joghurt, frisches Brot und Bier (natürlich alkoholfreies) aufgestellt. Auf der Rückfahrt werden wir zusätzlich – ungeachtet unserer bereits randvollen Bäuche – zu Glace eingeladen. Und die hat uns wirklich geschmeckt!
Nach einer kurzen Nacht sind wir bereits um 06:30 bereits wieder startklar. Reza hat uns zu einer morgendlichen Spazierwanderung auf den Tabrizer Hausberg Ainali eingeladen. Ich staune, wie viele Tabrizi bereits zu dieser frühen Morgenstunde ebenfalls den Ainali “erklimmen” - und erst noch bei diesem unglaublichen Wind... (ich kann mich zeitweise richtiggehend gegen den Wind lehen). Aber nur die wenigsten erhalten oben ein so leckeres Frühstück wie wir... ;-) Zudem geniessen wir eine tolle Aussicht über die Stadt und Reza kann uns allerhand Interessantes erzählen. Vielen herzlichen Dank!
In fliegendem Wechsel gehts dann gleich auf die Stadtführung mit Seiad. Er selbst spricht nur etwa eine Hand voll Englisch, wir ebensoviel Farsi. Er findet jedoch überall jemanden, der/die für uns übersetzt. Stadt- und Azerbeijan-Museum, Uhrenturm und blaue Moschee und zum krönenden Abschluss erhalten wir einen Einblick in den berühmten Teppich-Bazar. Vielen Dank auch dir, Seiad!
Anderntags verladen wir Frida (für die, die es noch nicht wissen: das ist der Kosename von meinem Radel) und ihr Kumpane in einen VIP-Bus. Jaja, wir sind bereits very important passengers... ;-)Da wir zur geplanten Abfahrtszeit die einzigen Fahrgäste sind, verzögert sich die Abfahrt. Zuerst um eine halbe Stunde, dann heisst es, die Abfahrt erfolge, sobald die Anzahl von zehn Passagieren erreicht sei, … Schliesslich nimmt unser Bus die Strecke nach Tehran mit gut zweieinhalb Stunden Verspätung unter die Räder... Wie bereits einmal erwähnt, sind Reisende vom Ramadan ausgenommen. Ich schmunzle innerlich einige Male - was denn da tagsüber nicht alles geknabbert wird, sobald man/frau während des Ramadan reist...
Die Dämmerung hat bereits eingesetzt, als wir Tehran erreichen. Kaum haben sich die Türen geöffnet, hasten die Fahrgäste hinaus und werden draussen sogleich von einer Horde Taxi-Fahrer “empfangen”. Uns geschieht gleich, bis einer der geschäftigen Männer realisiert: “no taxi. Your taxi (=Velos) in bus...” und übers ganze Gesicht strahlt. Jawohl!
Des Nachts radeln wir dann los Richtung Zentrum. Und ich sag euch, noch vor wenigen Monaten hätte ich wohl lauthals darüber gelacht oder nervös gestänkert, wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich in dieser (mit Agglomerationen) 15Millionen-Stadt Fahrrad fahren sollte... Und nun sind wir hier und es bleibt uns gar nicht viel anderes übrig... Ich habe mich daran gewöhnt Frida zwischen den hupenden Autos hindurchzukurven, mit einem energischen Klingeln auf mich aufmerksam zu machen, meinen Weg unbeirrt zu verfolgen auch wenn Roller mir den Weg abschneiden oder deren Fahrer vor lauter Neugier fast in mich hineinfahren, … Am einfachsten fährt es sich auf den Autobahnen. Denn da hats immer einen “Velostreifen” (wie wir den Pannenstreifen umbenannt haben). Jdoch werde ich mich wohl nie an die “würkli gruusige” Abgase gewöhnen. Da hilft manchmal nicht einmal mehr der Schal vor Mund und Nase...
Schliesslich steigt auch noch seine Mama aus dem Wagen aus und bringt das Angebot ihrerseits ebenfalls vor. Wir nehmen die Einladung gerne an. Und dann, fährt uns Farshad die vollen 12(!)km bis zu sich nach Hause voraus. Laaangsam und mit Warnblinker... Das ist ja mal ein Eskort... ,-) Zuhause werden wir sehr warmherzig umsorgt. Als erstes wird uns eine Dusche angeboten – welch' ein Geschenk für verschwitzte Radler! Dann werden wir mit wunderbaren Früchten verköstigt und der Samowar (Teekocher) wird angeworfen. Nazila, Farshads Schwester, stösst zur Runde dazu. Der Abend ist lau und wir essen auf der Terrasse des Hauses Znacht. Ein Teppich wird ausgerollt und darüber eine Art Tischtuch. Die Speisen werden auf verschiedenen Platten und Tellern sorgfältig darauf angeordnet und schliesslich setzen wir uns alle um diesen Schmaus an den Boden. Wir verbringen einen wunderbaren Abend. Anderntags wartet dann trotzdem das, was ich am wenigsten mag...: Abschied nehmen. Abschied von Menschen, die uns so wohlwollend begegnen, uns aufnehmen und teilhaben lassen an ihrem Leben. Ich bin so unendlich dankbar für all diese “bsunderbare” Begegnungen. Dennoch: wenn sie mir dermassen das Herz berühren wie jene mit Farshads Mama, dann gibt es nur noch eines: gaaaanz fest drücken, mit der Hand auf dem Herz nochmals verdeutlichen wie fest ich Daaanke sagen will, Tränli abwischen und dann hurtig die Sonnenbrille aufsetzen, abfahren...
Bis wir Marand verlassen dauert es dann jedoch noch eine Weile... Schliesslich sollen wir noch beim Laden von Akbar vorbei und uns mit allem Nötigen eindecken. Und er seinerseits begleitet uns bis zur Stadt hinaus. Akbar ist der Kopf der Warmshower-Hosts hier in Marand und fängt systematisch alle Radreisenden eingans Stadt ab. Damit er niemanden verpasst, infomieren ihn jeweils seine Buschauffer-Kollegen, wenn Radler auf der Strecke sind. Wir sind in diesem Jahr übrigens Nr.605 und 606...
Auf dem Weg nach Tabriz werden uns mehrfach kaltes Wasser und Früchte angeboten; einmal sogar eine Mitfahrgelegenheit. So schön, wie hier zu schwitzenden Radfahrern geschaut wird! Und doch sind wir manchmal noch total irritiert. Weshalb die Leute wohl dermassen “Mitleid” haben mit uns? Wir haben doch diese Art zu Reisen – und alle Konsequenzen, welche dies mit sich bringt – selber gewählt...
Ein grosses Verkehrsaufkommen und die einfallende Dämmerung lassen uns kurz vor Tabriz die Entscheidung treffen, abermals in einem der vielen Parks zu übernachten. Viele Familien haben sich hier bereits fürs Abendessen eingerichtet und warten nun einzig aufs “Kommando”... So sieht es zumindest für uns aus. :-) Denn sobald der Muezzin zu singen beginnt, setzen sich alle auf die ausgebreiteten Teppiche und erlaben sich an all den mitgebrachten Köstlichkeiten (es ist ja immer noch Ramadan). Auch wir breiten unsere Plane aus und plündern meine linke Frontrollertasche... Zusätzlich werden uns von verschiedenen Familien Tee, Wassermelone und sogar ein ganzes Menu gebracht. Wir können gar nicht fassen, wie uns geschieht... Einfach: MerciMerciMerci!!
Anderntags, kaum sind wir in die drittgrösste Stadt Irans eingefahren, beginnt ein regelrechtes Feuerwerk an Begegnungen und Einladungen. “hello, hello! Welcome to Iran!”, “where are you from?”, “ah, Switzerland... very good!” Immerzu wird David angesprochen und ich fröne meinem “Besenstiel-Dasein”. Ist ja auch mal ne ganz spannende Perspektive... Interessant wirds, wenn ich für einen Moment alleine mit den Fahrrädern warte. Dann wird die Neugier zu gross und auch ich werde angesprochen, wird mir ein Stuhl angeboten, oder ein Mobiltelefon in die Hand gedrückt, an wessen anderen Ende jemand English oder gar Deutsch spricht...
So “landen” wir beispielsweise im Stoffladen von Reza und seinem Bruder, verbringen dort den halben Nachmittag und bekommen gleich noch ein Santur (iranisches Hackbrett) Privat-Konzertli. Da mein “Himmugüegeli-Lüti” die Erschütterungen der vielen Holperstrassen sehr schlecht vertragen hat, musste ich es schwer verletzt zur Kur nach Hause schicken. Schniefschnief... Und Velofahren ohne “Lüti” geht einfach gar nicht... Und erst noch hier in Iran. Unmöglich! Also machen wir uns auf die Suche nach einem würdigen Ersatz. Na gut, “Suche” ist ja schon etwas übertrieben... Kaum können vor einer Reihe Fahrradläden erklären, was wir suchen, wird uns schon ein “Lüti” entgegengestreckt. “Present, for you...” Und dann versuch ja nicht dafür bezahlen zu wollen...! Also: Danke viuviu Mau! Und nun liebe Taxi- und andere ungeduldige Autofahrer, kann ich euch, wie ihr mir, auch wieder “d Ohre voll lüte”. :-)
Endlich unterwegs zum Hotel, wollen wir nur kurz einen Blick in den Park werfen. Wir werden angesprochen. Von einem älteren Herrn, der fliessend Deutsch spricht, da er viele Jahre in Deutschland gearbeitet hat. Wir kommen ins Gespräch und es entsteht folgendes Bild (welches wir noch öfter “kreieren” werden): Fast unmerklich und innert kürzester Zeit findet sich hier eine ganze Menschentraube. Zwei Radfahrer, mit Gepäck, davon eine Frau(hier sei kurz vermerkt: iranischen Frauen ist es verboten Fahrrad zu fahren; warum kann mir bisher niemand erklären), ein in die Jahre gekommener Iraner mit unglaublich wachem Blick - die drei können sich verständigen, umringt von mindestens zehn gwundrigen grauhäärigen Manndli, welche alle versuchen einen Blick auf die Fremden zu erhaschen und in deren hinter dem Rücken verschränkten Händen sich Gebetsketten ohne Unterbruch drehen... Wenn wir uns verabschieden, löst sich die Menschentraube auf. Zumindest halbwegs... Denn jetzt gibt es wohl allerhand zu plaudern...! Wie gerne wären wir in diesen Momenten “Müüsli”...
Endlich im Hotel sind wir beide ganz geschafft. Ja, manchmal ist es total anstrengend so vielen Menschen zu begegnen und ihnen gerecht zu werden. Lange erholen können wir uns nicht... Wir werden nämlich von Seiad mit dem Fahrrad abgeholt und zum Abendessen bei und mit seiner Familie gebracht. Er hat uns heute, nachdem er David gezeigt hat, wo wir eine SIM-Karte kaufen können, gleich zum Abendessen eingeladen (natürlich haben wir zuerst ausgiebig das ta'aarof -”Spiel” gespielt). Die Frauen des Hauses haben sich ins Zeug gelegt und wir werden leckerlecker verköstigt. Mmh! Der Einstieg erfolgt über eine für den Ramdan traditionelle Suppe, dann werden Poulet und Lammfleisch, Reis, iranischer Salat (in ultrakleine Würfeli geschnittene Gurken und Tomaten mit Limettensaft und Minze), Joghurt, frisches Brot und Bier (natürlich alkoholfreies) aufgestellt. Auf der Rückfahrt werden wir zusätzlich – ungeachtet unserer bereits randvollen Bäuche – zu Glace eingeladen. Und die hat uns wirklich geschmeckt!
Nach einer kurzen Nacht sind wir bereits um 06:30 bereits wieder startklar. Reza hat uns zu einer morgendlichen Spazierwanderung auf den Tabrizer Hausberg Ainali eingeladen. Ich staune, wie viele Tabrizi bereits zu dieser frühen Morgenstunde ebenfalls den Ainali “erklimmen” - und erst noch bei diesem unglaublichen Wind... (ich kann mich zeitweise richtiggehend gegen den Wind lehen). Aber nur die wenigsten erhalten oben ein so leckeres Frühstück wie wir... ;-) Zudem geniessen wir eine tolle Aussicht über die Stadt und Reza kann uns allerhand Interessantes erzählen. Vielen herzlichen Dank!
In fliegendem Wechsel gehts dann gleich auf die Stadtführung mit Seiad. Er selbst spricht nur etwa eine Hand voll Englisch, wir ebensoviel Farsi. Er findet jedoch überall jemanden, der/die für uns übersetzt. Stadt- und Azerbeijan-Museum, Uhrenturm und blaue Moschee und zum krönenden Abschluss erhalten wir einen Einblick in den berühmten Teppich-Bazar. Vielen Dank auch dir, Seiad!
Anderntags verladen wir Frida (für die, die es noch nicht wissen: das ist der Kosename von meinem Radel) und ihr Kumpane in einen VIP-Bus. Jaja, wir sind bereits very important passengers... ;-)Da wir zur geplanten Abfahrtszeit die einzigen Fahrgäste sind, verzögert sich die Abfahrt. Zuerst um eine halbe Stunde, dann heisst es, die Abfahrt erfolge, sobald die Anzahl von zehn Passagieren erreicht sei, … Schliesslich nimmt unser Bus die Strecke nach Tehran mit gut zweieinhalb Stunden Verspätung unter die Räder... Wie bereits einmal erwähnt, sind Reisende vom Ramadan ausgenommen. Ich schmunzle innerlich einige Male - was denn da tagsüber nicht alles geknabbert wird, sobald man/frau während des Ramadan reist...
Die Dämmerung hat bereits eingesetzt, als wir Tehran erreichen. Kaum haben sich die Türen geöffnet, hasten die Fahrgäste hinaus und werden draussen sogleich von einer Horde Taxi-Fahrer “empfangen”. Uns geschieht gleich, bis einer der geschäftigen Männer realisiert: “no taxi. Your taxi (=Velos) in bus...” und übers ganze Gesicht strahlt. Jawohl!
Des Nachts radeln wir dann los Richtung Zentrum. Und ich sag euch, noch vor wenigen Monaten hätte ich wohl lauthals darüber gelacht oder nervös gestänkert, wenn mir jemand gesagt hätte, dass ich in dieser (mit Agglomerationen) 15Millionen-Stadt Fahrrad fahren sollte... Und nun sind wir hier und es bleibt uns gar nicht viel anderes übrig... Ich habe mich daran gewöhnt Frida zwischen den hupenden Autos hindurchzukurven, mit einem energischen Klingeln auf mich aufmerksam zu machen, meinen Weg unbeirrt zu verfolgen auch wenn Roller mir den Weg abschneiden oder deren Fahrer vor lauter Neugier fast in mich hineinfahren, … Am einfachsten fährt es sich auf den Autobahnen. Denn da hats immer einen “Velostreifen” (wie wir den Pannenstreifen umbenannt haben). Jdoch werde ich mich wohl nie an die “würkli gruusige” Abgase gewöhnen. Da hilft manchmal nicht einmal mehr der Schal vor Mund und Nase...