Bei wolkenverhangenem Himmel in diversen Grautönen fahren wir mal am Rhein, mal etwas davon entfernt südwärts. Der Kaffee und die obligate Radlersüssigkeit schmecken uns vorzüglich im modern eingerichteten Tea-Room. Und der Preis lässt keinen Zweifel daran, dass wir im Europarkstädtchen Rust unsere heutige Znünipause abhalten und die Hochpreisinsel Schweiz wohl nicht mehr all zu weit weg ist.
Als ich in Neuenburg am Rhein einen andern Radler – er ist vom Typ entspannter Rentner-Gümmeler - nach dem geeignetsten Weg zur Einfahrt in Basel frage, erhalte ich in vertrautem Dialekt die Route erklärt. Auf meinen freudigen Spruch, er sei der erste Schweizer, der uns nun auf dem Heimweg der langen Reise begegne, gibt er vehement zu bemerken, er sei denn Deutscher. Ups! Sorry! Wie dem auch sei, er nimmts mit Humor und wir realisieren einmal mehr, welch relativer Art Grenzlinien sind und was sie mit uns Menschen machen… Ich hätte schwören können, er hätte den breitesten Stadtbasler-Dialekt.
Die ersten SBB Cargo Güterzüge rollen uns entgegen. Bald sind wir in Weil am Rhein - urplötzlich im Rank vor der Brücke nach Kleinhüningen und schwupps am geschlossenen Zollhäuschen mit weissem Kreuz auf rotem Grund vorbei - wieder auf Schweizer Boden...
Zuhause? Keine Zöllner? Keine Kontrollen und durchlöchernden Fragen? Keine neugierigen Augen und fragenden Gesichter? Nach all dem Erlebten kommt uns dieser Grenzübertritt viel seltsamer als viele andere vor.
Es ist bereits am Eindunkeln als wir kurz vor Ladenschluss in einem typisch Schweizerischen Warenhaus ein Dessert für unsere Gastgeber einkaufen. Flo, Laura und Piet erwarten uns schon und wir alle freuen uns sehr über das Wiedersehen. Begleitet von angeregten Gesprächen über Velos, Technik und ganz allgemeinen Dingen aus der Heimat und aller Welt geniessen wir das köstliche Nachtessen aus dem Ofen, bevor wir radlermüde ins Bett plumpsen.
Nach dem reichhaltigen Frühstück in der schönen Stube wollen wir unsere Stahlrösser beladen und dann zügig Richtung Jura steuern, doch vorerst wird mit zügig noch grad nichts. Flurinas Frida steht mit der hinteren Felge auf plattem Gummi. So wechseln wir mit dem entwickelten Schwung halt erstmal noch den Schlauch, ehe wir Flo und Piet winkend Richtung Bahnhof davonrollen. Dort kauft sich Flurina nämlich grad wieder ein GA, welches man nun auf den sogenannten Swisspass lädt. Was sich in einem Jahr nicht alles verändert...
In Hochwald, das seinem Namen alle Ehre macht, kommen wir mit leicht säuerlichen Oberschenkeln an und realisieren rasch, wie lange wir schon nicht mehr solche Steigungen zu bewältigen hatten und wir uns das Velo-Klettern schon nicht mehr gewohnt sind.
Nach weiterem Ab und Auf überholt uns nach Bretzwil ein Pickup, beladen mit einer Waschmaschine. Ich schaue dem Wagen nach, sinniere über die vielen andere Pickupladungen unserer Reise und bemerke erst recht spät, dass der Wagen nun vor uns in einer Querstrasse steht und dessen Fahrer, lässig auf die Motorhaube gelehnt, mir zuzwinkert. Nach einem kurzen Schwatz und unserem Annehmen der spontanen Übernachtungseinladung folgen wir Kurt und seiner Waschmaschinenladung nach Hause. Diese Annehmlichkeit haben wir wohl der Sympathie füreinander und fürs Tourenradfahren zu verdanken.
Nach einer warmen Dusche dürfen wir uns mit Stephanie, Kurt, Marit und Aaron an den grossen Küchentisch setzen und ein währschaftes Café-Complet mit frischer Züpfe speisen. Bis spät in den Abend hinein erzählen wir Erwachsenen uns im heimelig eingerichteten Dachstock Reiseanekdoten und Gschichtli, während die Kinder schon lange schlafen.
Vom Samstagszmorgen gestärkt und mit einer Begegnung im Herzen reicher peilen wir den schneebedeckten Nunnigerberg an. Geschafft, wenn auch stellenweise Schieben angesagt war. Kaum rollen wir auf der andern Seite zur Talfahrt an, greife ich mit der rechten Hand ins Leere und realisiere mit schlagartig höherem Adrenalinpegel, dass mein Bremskabel gerissen ist. Irgendwie schaffe ich es, das Velo auf Schnee und Eis nur mit der Vorderradbremse zu stoppen ohne eine Bauchlandung zu kreieren. Kreieren kann ich danach dafür eine improvisierte Hand-Knie-Bremse, denn ich bin zu faul, am vermutlich zweitletzten Tag der Reise noch unterwegs die Bremsleitung zu ersetzen. Denn ehrlich gesagt, wartete ich schon seit Tadschikistan mit dem “Tägg”-Geräusch. Die Bremse funktioniert auch so, wenngleich deren Handhabung auf den eisigen Abschnitten den Puls nicht mindern lässt. Aber wie gesagt, nur ja keinen Aufwand mehr so kurz vor zuhause.
Haarnadel um Haarnadel einfädelnd erreichen wir bei Schneeregenschauern den Passwang. Dort genehmigen wir uns ein Passrivella. Mmh, heute schmeckt‘s mehrfach gut! Auf der Jurasüdseite verliert der Schneeregen immer mehr den Anteil Schnee- und das verbleibende kalte Nass von oben begleitet uns bis nach Balsthal, wo wir uns noch so gerne ein Zmittag in der warmen Gaststube gönnen wollen.
Die Holzbank mit der darunter montierten Heizschlange und der feine Braten mit Kartoffeln und Dörrbohnen sind genau das Richtige für durchnässte Radler. Auch verstärkt sich das wohlig-heimelige Gefühl mit dem lange nicht mehr gehörten vertrauten Dialekt. Einzig der angesäuselte breitmaulige Stammtischsitzer, welcher die Serviertochter mit schlüpfrigen Anmachsprüchen der untersten Schublade eindeckt, bewegt uns bei diesem Wetter zum baldigen Weiterreisen.
Bei anhaltendem Regen fahren wir dem Jurasüdfuss entlang westwärts Richtung Solothurn, welches wir nur durchfahren und in der Dämmerung nun der Aare entlang bis zum letzten Zeltplatz dieser Reise pedalen.
Das letzte Mal all die vertrauten Handgriffe, das letzte Mal Mätteli aufblasen, in den Schlafsack ranken, alles an sein Örtchen in der grünen Villa platzieren – heute braucht es auch bei mir etwas länger, ehe ich ins Traumland entschwinde. Unzählig viiele Gedanken ziehen ihr Orbit durch meinen Kopf und lassen tausende von Eindrücken noch einmal vor dem inneren Auge durchhuschen.
Der 21. Februar 2016 zeigt sich im Gegensatz zu seinem Vortag von seiner besten Seite. Es ist schon früh relativ warm, die Sonne leuchtet prächtig und die wenigen Wolken sausen übers Seeland wie ich es seit meiner Kindheit kenne – Vertrautheit, Vorfreude, Herzklopfen.
Mit diesen einladenden Bedingungen und dem sich langsam einstellenden Vorfreudes-Adrenalinpegel fliegen wir förmlich über den Asphalt. In Lyss – so sagen wir uns – wollen wir nicht mit der Reisetradition brechen und parkieren für den obligaten Kaffee unsere treuen Reisebegleiter vor der zentralst-gelegenen Wirtschaft der Ortschaft. Kaum steht unser Heissgetränk auf dem Tisch betritt eine Frau suchend die Stube mit der gelassenen Sonntagsvormittagsatmosphäre. Ihr Augenpaar findet, was es sucht und Beatrice läuft schnurstracks auf uns zu. Euphorisch erzählt sie von Ihren Radreisen und all den tollen Erinnerungen. Ihre Freude über das Treffen mit uns als Reiseverwandten füllt den Raum und zeigt uns bis zu diesem Tag, dass es die Begegnungen sind, welche unsere Reise ausmachen.
Schliesslich machen wir uns auf. Auf zur letzten Begegnung dieser Reise, auf zum Wiedersehen mit den Menschen, welche uns ziehen liessen und uns nun mit offenen Armen wieder empfangen werden. Erst das Dorfschild. Dann die alten Bäume am Strassenrand. Dann die alltäglich anmutende letzte Rechtskurve… Eine wohlige Wärme übermannt uns uns wir lullen uns ein in die Herzlichkeit des Empfangs unserer Liebsten.
Die ersten SBB Cargo Güterzüge rollen uns entgegen. Bald sind wir in Weil am Rhein - urplötzlich im Rank vor der Brücke nach Kleinhüningen und schwupps am geschlossenen Zollhäuschen mit weissem Kreuz auf rotem Grund vorbei - wieder auf Schweizer Boden...
Zuhause? Keine Zöllner? Keine Kontrollen und durchlöchernden Fragen? Keine neugierigen Augen und fragenden Gesichter? Nach all dem Erlebten kommt uns dieser Grenzübertritt viel seltsamer als viele andere vor.
Es ist bereits am Eindunkeln als wir kurz vor Ladenschluss in einem typisch Schweizerischen Warenhaus ein Dessert für unsere Gastgeber einkaufen. Flo, Laura und Piet erwarten uns schon und wir alle freuen uns sehr über das Wiedersehen. Begleitet von angeregten Gesprächen über Velos, Technik und ganz allgemeinen Dingen aus der Heimat und aller Welt geniessen wir das köstliche Nachtessen aus dem Ofen, bevor wir radlermüde ins Bett plumpsen.
Nach dem reichhaltigen Frühstück in der schönen Stube wollen wir unsere Stahlrösser beladen und dann zügig Richtung Jura steuern, doch vorerst wird mit zügig noch grad nichts. Flurinas Frida steht mit der hinteren Felge auf plattem Gummi. So wechseln wir mit dem entwickelten Schwung halt erstmal noch den Schlauch, ehe wir Flo und Piet winkend Richtung Bahnhof davonrollen. Dort kauft sich Flurina nämlich grad wieder ein GA, welches man nun auf den sogenannten Swisspass lädt. Was sich in einem Jahr nicht alles verändert...
In Hochwald, das seinem Namen alle Ehre macht, kommen wir mit leicht säuerlichen Oberschenkeln an und realisieren rasch, wie lange wir schon nicht mehr solche Steigungen zu bewältigen hatten und wir uns das Velo-Klettern schon nicht mehr gewohnt sind.
Nach weiterem Ab und Auf überholt uns nach Bretzwil ein Pickup, beladen mit einer Waschmaschine. Ich schaue dem Wagen nach, sinniere über die vielen andere Pickupladungen unserer Reise und bemerke erst recht spät, dass der Wagen nun vor uns in einer Querstrasse steht und dessen Fahrer, lässig auf die Motorhaube gelehnt, mir zuzwinkert. Nach einem kurzen Schwatz und unserem Annehmen der spontanen Übernachtungseinladung folgen wir Kurt und seiner Waschmaschinenladung nach Hause. Diese Annehmlichkeit haben wir wohl der Sympathie füreinander und fürs Tourenradfahren zu verdanken.
Nach einer warmen Dusche dürfen wir uns mit Stephanie, Kurt, Marit und Aaron an den grossen Küchentisch setzen und ein währschaftes Café-Complet mit frischer Züpfe speisen. Bis spät in den Abend hinein erzählen wir Erwachsenen uns im heimelig eingerichteten Dachstock Reiseanekdoten und Gschichtli, während die Kinder schon lange schlafen.
Vom Samstagszmorgen gestärkt und mit einer Begegnung im Herzen reicher peilen wir den schneebedeckten Nunnigerberg an. Geschafft, wenn auch stellenweise Schieben angesagt war. Kaum rollen wir auf der andern Seite zur Talfahrt an, greife ich mit der rechten Hand ins Leere und realisiere mit schlagartig höherem Adrenalinpegel, dass mein Bremskabel gerissen ist. Irgendwie schaffe ich es, das Velo auf Schnee und Eis nur mit der Vorderradbremse zu stoppen ohne eine Bauchlandung zu kreieren. Kreieren kann ich danach dafür eine improvisierte Hand-Knie-Bremse, denn ich bin zu faul, am vermutlich zweitletzten Tag der Reise noch unterwegs die Bremsleitung zu ersetzen. Denn ehrlich gesagt, wartete ich schon seit Tadschikistan mit dem “Tägg”-Geräusch. Die Bremse funktioniert auch so, wenngleich deren Handhabung auf den eisigen Abschnitten den Puls nicht mindern lässt. Aber wie gesagt, nur ja keinen Aufwand mehr so kurz vor zuhause.
Haarnadel um Haarnadel einfädelnd erreichen wir bei Schneeregenschauern den Passwang. Dort genehmigen wir uns ein Passrivella. Mmh, heute schmeckt‘s mehrfach gut! Auf der Jurasüdseite verliert der Schneeregen immer mehr den Anteil Schnee- und das verbleibende kalte Nass von oben begleitet uns bis nach Balsthal, wo wir uns noch so gerne ein Zmittag in der warmen Gaststube gönnen wollen.
Die Holzbank mit der darunter montierten Heizschlange und der feine Braten mit Kartoffeln und Dörrbohnen sind genau das Richtige für durchnässte Radler. Auch verstärkt sich das wohlig-heimelige Gefühl mit dem lange nicht mehr gehörten vertrauten Dialekt. Einzig der angesäuselte breitmaulige Stammtischsitzer, welcher die Serviertochter mit schlüpfrigen Anmachsprüchen der untersten Schublade eindeckt, bewegt uns bei diesem Wetter zum baldigen Weiterreisen.
Bei anhaltendem Regen fahren wir dem Jurasüdfuss entlang westwärts Richtung Solothurn, welches wir nur durchfahren und in der Dämmerung nun der Aare entlang bis zum letzten Zeltplatz dieser Reise pedalen.
Das letzte Mal all die vertrauten Handgriffe, das letzte Mal Mätteli aufblasen, in den Schlafsack ranken, alles an sein Örtchen in der grünen Villa platzieren – heute braucht es auch bei mir etwas länger, ehe ich ins Traumland entschwinde. Unzählig viiele Gedanken ziehen ihr Orbit durch meinen Kopf und lassen tausende von Eindrücken noch einmal vor dem inneren Auge durchhuschen.
Der 21. Februar 2016 zeigt sich im Gegensatz zu seinem Vortag von seiner besten Seite. Es ist schon früh relativ warm, die Sonne leuchtet prächtig und die wenigen Wolken sausen übers Seeland wie ich es seit meiner Kindheit kenne – Vertrautheit, Vorfreude, Herzklopfen.
Mit diesen einladenden Bedingungen und dem sich langsam einstellenden Vorfreudes-Adrenalinpegel fliegen wir förmlich über den Asphalt. In Lyss – so sagen wir uns – wollen wir nicht mit der Reisetradition brechen und parkieren für den obligaten Kaffee unsere treuen Reisebegleiter vor der zentralst-gelegenen Wirtschaft der Ortschaft. Kaum steht unser Heissgetränk auf dem Tisch betritt eine Frau suchend die Stube mit der gelassenen Sonntagsvormittagsatmosphäre. Ihr Augenpaar findet, was es sucht und Beatrice läuft schnurstracks auf uns zu. Euphorisch erzählt sie von Ihren Radreisen und all den tollen Erinnerungen. Ihre Freude über das Treffen mit uns als Reiseverwandten füllt den Raum und zeigt uns bis zu diesem Tag, dass es die Begegnungen sind, welche unsere Reise ausmachen.
Schliesslich machen wir uns auf. Auf zur letzten Begegnung dieser Reise, auf zum Wiedersehen mit den Menschen, welche uns ziehen liessen und uns nun mit offenen Armen wieder empfangen werden. Erst das Dorfschild. Dann die alten Bäume am Strassenrand. Dann die alltäglich anmutende letzte Rechtskurve… Eine wohlige Wärme übermannt uns uns wir lullen uns ein in die Herzlichkeit des Empfangs unserer Liebsten.