Ich sitze im Hotelzimmer im Quartier Sultanahmet in Istanbul. Das Fenster steht weit offen. Lausche ich den Geräuschen draussen, so dringen das “Singen” der Katzen (ich weiss, dass sie - wie so oft in den letzten Tagen – auf dem Dach gleich über die Strasse ihre Meinungsverschiedenheiten austragen), das Kreischen der grossen Silbermöwen und das Dröhnen der Schiffshörner (riiiesige Frachter, Kreuzfahrtsschiffe oder Küstenwachen) an meine Ohren. Und fünf Mal täglich der eindringliche und – so scheint mir – leidenschaftliche Ruf des Muezzin. Das Fenster steht weit offen – ich habe freie Sicht auf das Meer. Meine Augen ruhen wachsam auf der weiten Fläche. Ob sich die Delfine wohl heute Abend auch wieder blicken lassen werden? Lasse ich meinen Blick weiter, ans andere Ufer des Bosphorus schweifen, so kann ich ganz deutlich den asiatischen Stadtteil erkennen. Hmmm... In ein paar Tagen werden wir beide zum ersten Mal Europa verlassen.
Nachfolgende Momentaufnahmen sollen euch einen Einblick in unsere letzen Kilometer auf europäischem Boden geben:
Die Einfahrt nach Thessaloniki gestaltet sich – angesichts dessen, dass wir grosse Strassen meiden – herausfordernd. Wir verfahren uns und alle, die wir fragen, beschreiben uns den Weg über die Autobahn... Neeeiin!, da wollen wir nicht hin. Nach zwei Händen voll zusätzlicher km, fahren wir schliesslich über den Meeresdamm doch noch in der zweitgrössten Stadt Griechenlands ein. Das selber mitgebrachte Abendessen geniessen wir auf der Terrasse unseres Hotelzimmers im 7.Stock, wo Spyren über unseren köpfen jagen und mit ihren Rufen den Lärm der Stadt fast vergessen gehen lassen. Die Ausfahrt aus Thessaloniki gestaltet sich von der Wegsuche her ähnlich herausfordernd wie die Einfahrt. Kommt dazu, dass wir innert kürzester Zeit zudem rund 500 Höhenmeter überwinden. Aber jeder Aufstieg lohnt sich! Die Landschaft ist grossartig.
Zwei Tage später erreicht uns am frühen Morgen die Nachricht, dass am Vorabend Flurinas drittes Gottekind zur Welt gekommen ist. Welch' grandioser Start in den Tag! Freudentränen und eine leise Wehmut so weit weg zu sein... Liebe Melina, herzlich Willkommen du kleine Erdenbürgerin!
Seit wir im Bernbiet losgeradelt sind, durften auch weitere Freundes-Familien Familienzuwachs feiern. Aus der Ferne lassen wir euch allen auf diesem Weg unsere besten Wünsche zukommen!
Die Landschaft ist mediterran gepräg. Felsen, von grau bis rötlich, wechseln sich mit üppiger Vegetation. Die Farben des Meeres wechseln von kräftigem Blau zu diversen Grüntönen. Wir denken an unser altes, in so unzähligen Stunden renoviertes VW-Busli, welches in der Farbe “seablue” gehalten ist...
Hält Flurina wieder einmal ruckartig auf mitten offener Strecke an, stellt ihre Frida an den Strassenrand, so musst du gar nicht erst drei Mal raten, was sich gerade abspielt... : Eskort einer Schildkröte von der einen auf die andere Strassenseite... :-)
Zudem begegnen uns unzählige Smaragdeidechsen und Schlagen. Die grössten davon sehen wir jedoch jeweils nur noch im Format “flach für ids Album”.
Fahren wir durch ländliche und wenig besiedelte Gebiete und vernehmen plötzlich eigenartige Rufe, so lassen sich nach genauerem Hinschauen sicher irgendwo im Gebüsch eine buntgemischte Ziegenherde und deren Hirt sehen. In flachen Gebieten sind es eher Schafherden. Hie und da treffen wir auch ältere “Manndli”, die ihre Kuh spazieren führen.
Es ist heiss heute. Unsere Velocomputer zeigen bis zu 35°C an. Da kommen uns die drei Bäche, welche wir barfuss und die Stahlrösser schiebend durchqueren müssen, gerade recht! Der Schweiss läuft … Nach Ariana “klettern” wir den Pass, hinter welchem Mega Dereio liegt, hoch. Bereits unterwegs werden wir immer wieder für unsere Strapazen belohnt: “Chutterli” schmeichelt uns heute kühl und sanft, die Aussicht hinunter zum klaren Bach, der Blick auf das Tal gleich hinter der nächsten Kurve, … Und: “Hesch dä riiise Vogu gse??” Ruhig ziehen die Gänsegeier ihre Kreise, lassen sich in den Thermikschläuchen hoch und höher tragen, überqueren dann das Tal und kehren schliesslich zum Horst zurück. Ich kann's kaum glauben... Wir sehen Gänsegeier! Und dürfen gar den Anflug auf den Horst beobachten. Ich bin überwältigt und für den Rest des Tages wortwörtlich beflügelt.
Im nordöstlichen Zipfel von Griechenland stehen in jedem – auch noch so kleinen Dorf – eine Moschee und oftmals sozusagen vis-à-vis eine orthodoxe Kirche. Erste türkische Einflüssen sind an den Gesichtszügen und den angebotenen Lebensmitteln zu erkennen. Und daran, dass wir nach einer Durststrecke wiederum hier und da ein Lächeln oder gar ein Winken geschenkt bekommen.
Von Edirne über Süloğlu, Kirklareli, Pinarhisar nach Vize ist Freund “Chutterli” wieder omnipräsent und bläst uns kräftig entgegen. Doch nicht genug: Fahrradfahren im westlichen Dreiländereck der Türkei ist fast wie Fahrradfahren im Jura – entweder geht es rauf oder runter, 'was dazwischen gibt es nicht. Wir sind langsam müde und dann beweisen unsere Schädel manchmal unglaubliche Kreativität. So singen wir lauthals “Mal ufe, mal abe, mal ufe, mal abe, mal ufe, mal abe, mal ufe, ..” (besser als das Lumpeliedli “mal ufe, mal abe, mal linggs, mal rächts, ...” bekannt).
Während einer Pause raschelt es plötzlich im hohen Gras. Zuerst können wir nur die Bewegung in den Halmen erkennen. Dann... eine hellbraune Rute, zwei kleine Öhrchen und schliesslich den ganzen kleinen Knuffel-Hund, welcher da mit sich selbst und uns Verstecken spielt. Zum Glück habe ich bereits vor der Reise mit mir selbst den Deal geschlossen, dass ich ohne Hund nach Hause zurückkehre. Bei all den kleinen süssen Kerlen trage ich innerlich einige Kämpfe aus...
Unsere Räder sehen aus wie “Wildschweine” (mussten sie über einige km über einen schlammigen ”Charr-Wäg” schieben) als wir spätabends noch radeln und mitten auf der Landstrasse ein PW verlangsamt. Ohne Worte – die sind nebst diesem herzlichen Lachen auch gar nicht nötig! - wird uns eine Hand voll Kirschpflaumen gereicht...
Der Tag erwacht gerade erst und das Zelt wird pfudelnass vom Tau zusammengerollt. Wann und wo werden wir unsere grüne Villa wohl zum nächsten Mal aufstellen...? Mit noch klammen Fingern von der morgendlichen Frische und erleichtert darüber, dass es entgegen unterschiedlicher Ansagen so einfach ging die Fahrräder zu verladen ,sitzen wir wenig später in Vize im Bus und hören den Herrn Hostess immer wieder rufen: “Istanbul, Istanbul, ...” Noch können wirs's kaum glauben.
Nachfolgende Momentaufnahmen sollen euch einen Einblick in unsere letzen Kilometer auf europäischem Boden geben:
Die Einfahrt nach Thessaloniki gestaltet sich – angesichts dessen, dass wir grosse Strassen meiden – herausfordernd. Wir verfahren uns und alle, die wir fragen, beschreiben uns den Weg über die Autobahn... Neeeiin!, da wollen wir nicht hin. Nach zwei Händen voll zusätzlicher km, fahren wir schliesslich über den Meeresdamm doch noch in der zweitgrössten Stadt Griechenlands ein. Das selber mitgebrachte Abendessen geniessen wir auf der Terrasse unseres Hotelzimmers im 7.Stock, wo Spyren über unseren köpfen jagen und mit ihren Rufen den Lärm der Stadt fast vergessen gehen lassen. Die Ausfahrt aus Thessaloniki gestaltet sich von der Wegsuche her ähnlich herausfordernd wie die Einfahrt. Kommt dazu, dass wir innert kürzester Zeit zudem rund 500 Höhenmeter überwinden. Aber jeder Aufstieg lohnt sich! Die Landschaft ist grossartig.
Zwei Tage später erreicht uns am frühen Morgen die Nachricht, dass am Vorabend Flurinas drittes Gottekind zur Welt gekommen ist. Welch' grandioser Start in den Tag! Freudentränen und eine leise Wehmut so weit weg zu sein... Liebe Melina, herzlich Willkommen du kleine Erdenbürgerin!
Seit wir im Bernbiet losgeradelt sind, durften auch weitere Freundes-Familien Familienzuwachs feiern. Aus der Ferne lassen wir euch allen auf diesem Weg unsere besten Wünsche zukommen!
Die Landschaft ist mediterran gepräg. Felsen, von grau bis rötlich, wechseln sich mit üppiger Vegetation. Die Farben des Meeres wechseln von kräftigem Blau zu diversen Grüntönen. Wir denken an unser altes, in so unzähligen Stunden renoviertes VW-Busli, welches in der Farbe “seablue” gehalten ist...
Hält Flurina wieder einmal ruckartig auf mitten offener Strecke an, stellt ihre Frida an den Strassenrand, so musst du gar nicht erst drei Mal raten, was sich gerade abspielt... : Eskort einer Schildkröte von der einen auf die andere Strassenseite... :-)
Zudem begegnen uns unzählige Smaragdeidechsen und Schlagen. Die grössten davon sehen wir jedoch jeweils nur noch im Format “flach für ids Album”.
Fahren wir durch ländliche und wenig besiedelte Gebiete und vernehmen plötzlich eigenartige Rufe, so lassen sich nach genauerem Hinschauen sicher irgendwo im Gebüsch eine buntgemischte Ziegenherde und deren Hirt sehen. In flachen Gebieten sind es eher Schafherden. Hie und da treffen wir auch ältere “Manndli”, die ihre Kuh spazieren führen.
Es ist heiss heute. Unsere Velocomputer zeigen bis zu 35°C an. Da kommen uns die drei Bäche, welche wir barfuss und die Stahlrösser schiebend durchqueren müssen, gerade recht! Der Schweiss läuft … Nach Ariana “klettern” wir den Pass, hinter welchem Mega Dereio liegt, hoch. Bereits unterwegs werden wir immer wieder für unsere Strapazen belohnt: “Chutterli” schmeichelt uns heute kühl und sanft, die Aussicht hinunter zum klaren Bach, der Blick auf das Tal gleich hinter der nächsten Kurve, … Und: “Hesch dä riiise Vogu gse??” Ruhig ziehen die Gänsegeier ihre Kreise, lassen sich in den Thermikschläuchen hoch und höher tragen, überqueren dann das Tal und kehren schliesslich zum Horst zurück. Ich kann's kaum glauben... Wir sehen Gänsegeier! Und dürfen gar den Anflug auf den Horst beobachten. Ich bin überwältigt und für den Rest des Tages wortwörtlich beflügelt.
Im nordöstlichen Zipfel von Griechenland stehen in jedem – auch noch so kleinen Dorf – eine Moschee und oftmals sozusagen vis-à-vis eine orthodoxe Kirche. Erste türkische Einflüssen sind an den Gesichtszügen und den angebotenen Lebensmitteln zu erkennen. Und daran, dass wir nach einer Durststrecke wiederum hier und da ein Lächeln oder gar ein Winken geschenkt bekommen.
Von Edirne über Süloğlu, Kirklareli, Pinarhisar nach Vize ist Freund “Chutterli” wieder omnipräsent und bläst uns kräftig entgegen. Doch nicht genug: Fahrradfahren im westlichen Dreiländereck der Türkei ist fast wie Fahrradfahren im Jura – entweder geht es rauf oder runter, 'was dazwischen gibt es nicht. Wir sind langsam müde und dann beweisen unsere Schädel manchmal unglaubliche Kreativität. So singen wir lauthals “Mal ufe, mal abe, mal ufe, mal abe, mal ufe, mal abe, mal ufe, ..” (besser als das Lumpeliedli “mal ufe, mal abe, mal linggs, mal rächts, ...” bekannt).
Während einer Pause raschelt es plötzlich im hohen Gras. Zuerst können wir nur die Bewegung in den Halmen erkennen. Dann... eine hellbraune Rute, zwei kleine Öhrchen und schliesslich den ganzen kleinen Knuffel-Hund, welcher da mit sich selbst und uns Verstecken spielt. Zum Glück habe ich bereits vor der Reise mit mir selbst den Deal geschlossen, dass ich ohne Hund nach Hause zurückkehre. Bei all den kleinen süssen Kerlen trage ich innerlich einige Kämpfe aus...
Unsere Räder sehen aus wie “Wildschweine” (mussten sie über einige km über einen schlammigen ”Charr-Wäg” schieben) als wir spätabends noch radeln und mitten auf der Landstrasse ein PW verlangsamt. Ohne Worte – die sind nebst diesem herzlichen Lachen auch gar nicht nötig! - wird uns eine Hand voll Kirschpflaumen gereicht...
Der Tag erwacht gerade erst und das Zelt wird pfudelnass vom Tau zusammengerollt. Wann und wo werden wir unsere grüne Villa wohl zum nächsten Mal aufstellen...? Mit noch klammen Fingern von der morgendlichen Frische und erleichtert darüber, dass es entgegen unterschiedlicher Ansagen so einfach ging die Fahrräder zu verladen ,sitzen wir wenig später in Vize im Bus und hören den Herrn Hostess immer wieder rufen: “Istanbul, Istanbul, ...” Noch können wirs's kaum glauben.