Wir lassen uns den Pass hoch fahren, die Hauptverkehrsrichtung scheint an diesem sonnigen Herbsttag jedoch gerade andersrum…
Grosse Herden, Rinder, Schafe und Esel ziehen talwärts. Sonnengebräunte, um nicht zu sagen verbrannte, Gesichter von jungen Burschen, die das Vieh in den Höhen des Pamir gesömmert haben. Hie und da tragen sie ein Lämmlein unter dem Arm. Massige Munis trotten schnaubend und schwitzend den steilabfallenden Hängen entlang. Junge Esel tänzeln um ihre Muttertiere und versuchen Schabernack zu treiben. Tosende Bergbäche stürzen zu Tale. Afghanistan ist zum Greifen nah – mit einem tollkühnen Sprung über die tosenden Wasser könnte man/frau es schaffen… Das Tal wird unverhofft weiter, die Landschaft wiederum etwas sanfter. Auf der anderen Seite des Baches sehen wir Kamele, welche sich gemächlich von einem Grasbüschel zum nächsten bewegen. Ich bin beeindruckt von der Anpassungsfähigkeit dieser Tiere - haben wir sie doch auch in der Wüste angetroffen und nun auf dieser Höhe erneut.
Bald schon hüllt Dunkelheit uns ein und beim Abendessen können wir uns kaum sattsehen am Sternenhimmel… Weisst du wie viel Sternlein stehen…? Die Nacht unterhalb des Kargush-Pass auf 4300m.ü.M. ist kalt, unser Schlaf unruhig – die Höhe macht unseren Körpern noch etwas zu schaffen.
Entsprechend schwer fühlen sie sich dann auch während der morgendlichen herausfordernden Abfahrt über holprige und sandige Pisten an. Der Match mit dem Gegenwind endet unentschieden. Es scheint, als müssten wir uns den geplanten morgigen Pausetag richtiggehend verdienen…!!? Als wir die Ufer des Bulunkul erreichen, ist eine Gruppe Männer gerade daran frisch geschnittenes Gras vom Ufergürtel auf einen Truck zu laden. Bald wird es hier bitterkalt werden, eine immense Schneedecke liegen und die Futtervorräte sind unabdingbar.
In der Dämmerung liegt der Bulunkul total glatt… Auf seiner Oberfläche speigeln sich die umliegenden Berge ganz klar. Besonders eindrücklich, jener Ausschnitt am Nordufer, welcher sich von den anderen durchs helle, zu einem Bogen geschwungenen Gestein abzeichnet. Mit der Spiegelung auf dem Wasser, ergibt sich daraus eine Form, die ausschaut wie ein Auge. Wenn die Sonne an den höchsten Gipfeln leckt, kommt ein eisiger Wind auf, bevor mit der zunehmenden Wärme Leben auf und um den See erwacht. Diese Kulisse ist überwältigend! Und wir geniessen einen Tag Ferien am See.
Kurz nach dem Frühstück gesellt sich Shaka zu uns. Er schenkt uns einen ganzen Laib Brot - einfach so und als ob er gewusst hätte, dass dies das einizige ist, was uns für unseren Ferientag “fehlt”… Wir freuen uns sehr über dieses Geschenk und bedanken uns mit Tee und süssen Knabbereien - ganz tajikisch. Alle drei sitzen wir da, geniessen diesen wunderschönen Flecken Welt und versuchen mit einer Handvoll Russisch und Englisch “ä chli z schwätze”. Shaka wohnt hier ganz alleine, scheint, soweit wir verstehen, der Wildhüter zu sein und weiss entsprechend einiges über die wilden Gänse hier oben zu erzählen.
Später kommen Frida und Christoffer aus Schweden angeradelt. Die beiden Herren reparieren Fridas Rad, während wir Frauen uns an der Sonne wärmen, Wasser abpumpen und – erneut – Tee zubereiten. Schön ward ihr unsere Gäste im “Ferienhaus am See”!
Zum Tagesabschluss bekommen wir zudem Besuch von unseren Freunden Isabelle und Raphael. Die beiden kennen wir bereits seit Usbekistan, treffen sie auf dem Pamir immer mal wieder. Sie sind wortwörtlich unsere Weggefährten (und werden bis an die Grenze zu Kirgistan auch noch bleiben). Merci beaucoup pour votre visite!
Und wir machen weiterhin Ferien in der Höhe… Am nächsten Tag steht Wellness an. Mit Hilfe der GPS-Position, welche uns ein Radler angegeben hat, finden wir die kleine am Flussufer gelegene (wirklich!) heisse Quelle. Ein junges Paar aus der Region ist bereits hier. Er suhlt sich zur Pellkartoffel während sie seine Kleider wäscht und an der Sonne trocknen lässt…
Und wir erzählen niemandem, dass wir uns dieses heisse Bad im Nachhinein noch so richtig verdienen mussten… Volle 20Min schieben wir unsere schweren “Kähne” gemeinsam(!) den Abhang hoch! Und schnaufen dabei “wie auti Ross”.
Die Nacht verbringen wir “auf dem Mond”. Die Landschaft ist hier sehr karg, kaum Pflanzen und die etwas windgeschütze Senke in welcher wir unsere grüne Villa aufstellen, erweckt wirklich den Eindruck einer Mondlandschaft. Und kalt ist es auch etwa so wie wir uns dies vom Mond vorstellen… Also packen wir uns warm ein und ab sofort sind also Himmelblauchen und Rosenrot, wie zu Beginn der Reise bereits aus der Ferne an ihren Regen- resp. hier WINDjacken zu erkennen… ;-)
Bis Alichur fahren wir eine richtiggehende Rally… Was sich hier Strasse nennt ist teils kaum mehr als solches zu erkennen. Die Landschaft entlöhnt jedoch auch hier: Geysire, Salzseen, Berge in karminrotem Gestein, Pflanzen, die sich herbstlich verfärben, verlassene Sommer-Hirtenbehausungen… In Alichur wird ganz deutlich ersichtlich, dass wir mit dem Überqueren des Kargush-Passes auch eine weitere Blutsgrenze passiert haben. Die Gesichter haben kirgisische Züge. Und die ersten Männer tragen den Kalpak (trad. Weisser Filzhut). “Es tschuderet mi...” Wie lange habe ich von Kirgistan geträumt? Und nun sind wir wirklich so nah…??!
Die Weite nach Alichur wird sich noch lange in unseren Erinnerungen halten. Die Intensität der rot-gelb-braun-grün gefärbten Matten, die Yaks, welche stets in Grüppchen ziehen, die Jurten, die uns umgebenden Berge, der stahlblaue See, … da stockt uns der Atem! Und dies Mal nicht aufgrund der Höhe.
Und mittendrinn – “allein auf weiter Flur” - ein einfaches Haus, das sich als Homestay enpuppt. Ein kirgisisches Paar, das uns wunderbar versorgt.
Während wir drinnen an der Wärme sitzen, kommt draussen ein kalter Abendwind auf. Nichtsdestotrotz gönnen sich die beiden Yaks vor der Heimkehr noch ein Bad im Abfluss des Fischzuchtteichs. Alsbald werden sie dann an einem Pflock angebunden und gemolken. Von Hand. Was für ein idyllisches Bild! Die gewaltige Berglandschaft, ins letzte Tageslicht getaucht, das schwarze zottige Tier mit den geschwungenen Hörnern, dessen Grunzlaute bis in die gute Stube dringen, eine Frau mit hellem Kopftuch kauert daneben und entlockt dem Euter mit flinken Bewegungen die deftige Milch. Den Wind im Rücken fahren wir ostwärts – unzählige Male halten wir an und versuchen diese einmalige Landschaft sowohl als Ganzes als auch in ihren Details mit Fotos festzuhalten. Die Worte fehlen, hier können nur Bilder sprechen…
In Murgab hält uns nichts… Es hängt eine eigenartige Stimmung über dieser kleinen Stadt auf dem Dach der Welt, welche wichtiger Knotenpunkt für den chinesisch-tajikischen Handel ist (von hier kann man direkt auf den Karakorum-Highway gelangen, der nach Kashgar führt). Die Lebensbedingungen sind hart, die Behausungen erwecken nicht den Eindruck, als wären sie für die harten Winter hier oben geschaffen… Dennoch scheint Murgab zu wachsen - ausgangs Dorf sehen wir viele Neubauten entstehen.
Auf dem Bazar, bunt zusammengewürfelte zu kleinen Läden umfunktionierte Schiffscontainer, versorgen wir uns mit neuem Proviant und Wasser, bevor wir weiterziehen.
Wir folgen dem Haupttal, lassen uns hinter jedem Ausläufer der uns umgebenden Bergkolosse von einem neuen Panorama überraschen. Diese Weite… Diese Stille… Der Aufstieg zum höchsten Pass zieht sich in die Länge und erneut kommt ein starker Wind auf. So ist der Schwatz mit Laura und Yves aus der Schweiz herzlich Willkommen. Die beiden sind mit einem Mercedes Kastenwagen auf ihrer Hochzeitsreise. Schliesslich übernachten wir, zusammen mit Andrej aus der Ukraine, kurz unterhalb des Passes bei einer Familie, in einer einfachen Behausung. Wir erfahren, dass sie im Auftrag der Regierung, im Winter die Passstrasse von Hand!!!, vom Schnee freischaufeln. Unvorstellbar! Und erst noch unter diesen Bedingungen… Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Gastfreundschaft und Herzlichkeit gleichermassen zu den erschwerten Lebensbedingungen ansteigen. Ich bin berührt und beeindruckt. Und ich werde mich wohl noch lange an das Spielen mit den Kindern erinnern. Mit einem Stück Draht, das zu allen möglichen Figuren geformt werden kann, “Chacheli” die sorgfältig über den Boden gerollt werden, da kein Ball vorhanden ist und Zeitungspapier zu Schiffli, Drachen und Hüten gefaltet, bevor es zum Anfeuern verwendet wird...
Und frühmorgens ein unvergleichliches “Spektakel”. Etwa zwanzig Yak-Muttertiere sind neben dem Haus an Pflöcken angebunden. Die meisten liegen scheinbar gemütlich da und kauen gemächlich wieder. Als sich die beiden Frauen mit Eimern nähern, kommt Bewegung in die Szene und erst recht als die ersten beiden Kälber aus dem separaten Stall gelassen werden. Es geht ein Grunzen und Quiecken durch die Runde (Yaks muhen nicht…) und bald schon hat Klein-Yak Mama gefunden und erlabt sich, munter schwänzelnd, an der Milchbar. Doch dieses Vergnügen ist von kurzer Dauer, denn sie werden von den Frauen zur Seite gedrängt. Das Kopftuch wird gerichtet und eine bequeme Kauerstellung eingenommen, bevor flinke Hände die Milch in die Eimer spritzen lassen. Sind die Melkerinnen fertig, überlassen sie ihren Platz erneut den Jungtieren, leeren ihre Eimer in eine grosse “Bränte” und wechseln zur nächsten Yak-Kuh, wo das Kälblein bereits “angerüstet” (oder wie hiess das nun schon wieder?) hat.
Unsere Körper haben sich mittlerweile an die Höhe gewöhnt und so erreichen wir den Akbaital-Pass auf über 4600müM zwar schnaubend aber dennoch einfacher als erwartet. Dann wartet eine sogenannte Waschbrett-Abfahrt auf uns. Oh Mensch, ist das anstrengend und mit der Zeit auch richtig nervend… Velofahrers Los…
Die Landschaft ist und bleibt unglaublich schön. Auch Kargheit kann bestechend sein… Erst recht wenn hie und da ein 6000er “vüreglüüslet”! Es kommt erneut der Nachmittagswind auf und der Himmel bedeckt sich, Wolkenschwaden senken sich dem Boden zu. Es riecht nach Schnee. Mit Seitenwind und Freude über die nun piekfein asphaltierte Strasse können wir schon bald die Ufer des Karakol-Sees erspähen… Gewaltig ruht er da inmitten der Bergkolosse, kann sich zwar nicht mit deren Höhe messen, übertrumpft sie jedoch um vielfaches was die Farben anbelangt. Vom tiefen Blau bis hin zum hellen Türkis – fast wie in Sardinien; nur besser ;-)
Auf den ersten Blick glaubt man in Karakol ein Fischerdorf erkennen zu können. Ist aber ein Trugschluss - in diesem See können aufgrund des zu tiefen Sauerstoffgehaltes keine Fische überleben…
Auf der kalten und windigen Weiterfahrt am nächsten Morgen, zieht uns der Karakol immer wieder in den Bann… Und wir tanken bei der späten Znüni-Pause nochmals richtig Energie von dessen Anblick. Durch das “Tal es Windes und des Todes” kämpfen wir uns gemeinsam mit Raphael und Isabelle Richtung kirgisische Grenze. Solch ein Gegenwind hatten wir noch nie…! Und er geht einem durch Mark und Bein. Es ist gefühlte minus 20Grad…
Den tajikischen Grenzposten erreichen wir anderntags nach einer bitterkalten Nacht und einem eher unerfreulichen Besuch der Grenzwächter noch vor dem Frühstück, kurz vor dem Mittag. Die Formalitäten sind hier schnell erledigt und so bleibt uns noch der letzte km… Noch einmal um den Hügel und dann können wir bereits die Passhöhe KyzylArt sehen. Wir treten noch einige Mal kräftig in die Pedale und dann… dann fahren wir in K I R G I S T A N ein…! Ich kann es kaum fassen… Ein jahrelang gehegter Traum geht in Erfüllung. Nach fast sieben Monaten im Sattel… aus eigener Kraft sind wir nun hier… Glücklich, aufgewühlt, beflügelt, stolz, …! Ein kräftiges “high five”, eine festefeste Umarmung, ...
Innert kürzester Zeit vernichten wir dann gut tausend Höhenmeter und gelangen schliesslich durch das beeindruckende Bergtal an den etwa 20km entfernten kirgisischen Grenzposten, wo wir “wie dür en Anke” passieren können. Unser Nachtlager schlagen wir vor der atemberaubenden Kulisse von Pamir und TienShan auf…
Bald schon hüllt Dunkelheit uns ein und beim Abendessen können wir uns kaum sattsehen am Sternenhimmel… Weisst du wie viel Sternlein stehen…? Die Nacht unterhalb des Kargush-Pass auf 4300m.ü.M. ist kalt, unser Schlaf unruhig – die Höhe macht unseren Körpern noch etwas zu schaffen.
Entsprechend schwer fühlen sie sich dann auch während der morgendlichen herausfordernden Abfahrt über holprige und sandige Pisten an. Der Match mit dem Gegenwind endet unentschieden. Es scheint, als müssten wir uns den geplanten morgigen Pausetag richtiggehend verdienen…!!? Als wir die Ufer des Bulunkul erreichen, ist eine Gruppe Männer gerade daran frisch geschnittenes Gras vom Ufergürtel auf einen Truck zu laden. Bald wird es hier bitterkalt werden, eine immense Schneedecke liegen und die Futtervorräte sind unabdingbar.
In der Dämmerung liegt der Bulunkul total glatt… Auf seiner Oberfläche speigeln sich die umliegenden Berge ganz klar. Besonders eindrücklich, jener Ausschnitt am Nordufer, welcher sich von den anderen durchs helle, zu einem Bogen geschwungenen Gestein abzeichnet. Mit der Spiegelung auf dem Wasser, ergibt sich daraus eine Form, die ausschaut wie ein Auge. Wenn die Sonne an den höchsten Gipfeln leckt, kommt ein eisiger Wind auf, bevor mit der zunehmenden Wärme Leben auf und um den See erwacht. Diese Kulisse ist überwältigend! Und wir geniessen einen Tag Ferien am See.
Kurz nach dem Frühstück gesellt sich Shaka zu uns. Er schenkt uns einen ganzen Laib Brot - einfach so und als ob er gewusst hätte, dass dies das einizige ist, was uns für unseren Ferientag “fehlt”… Wir freuen uns sehr über dieses Geschenk und bedanken uns mit Tee und süssen Knabbereien - ganz tajikisch. Alle drei sitzen wir da, geniessen diesen wunderschönen Flecken Welt und versuchen mit einer Handvoll Russisch und Englisch “ä chli z schwätze”. Shaka wohnt hier ganz alleine, scheint, soweit wir verstehen, der Wildhüter zu sein und weiss entsprechend einiges über die wilden Gänse hier oben zu erzählen.
Später kommen Frida und Christoffer aus Schweden angeradelt. Die beiden Herren reparieren Fridas Rad, während wir Frauen uns an der Sonne wärmen, Wasser abpumpen und – erneut – Tee zubereiten. Schön ward ihr unsere Gäste im “Ferienhaus am See”!
Zum Tagesabschluss bekommen wir zudem Besuch von unseren Freunden Isabelle und Raphael. Die beiden kennen wir bereits seit Usbekistan, treffen sie auf dem Pamir immer mal wieder. Sie sind wortwörtlich unsere Weggefährten (und werden bis an die Grenze zu Kirgistan auch noch bleiben). Merci beaucoup pour votre visite!
Und wir machen weiterhin Ferien in der Höhe… Am nächsten Tag steht Wellness an. Mit Hilfe der GPS-Position, welche uns ein Radler angegeben hat, finden wir die kleine am Flussufer gelegene (wirklich!) heisse Quelle. Ein junges Paar aus der Region ist bereits hier. Er suhlt sich zur Pellkartoffel während sie seine Kleider wäscht und an der Sonne trocknen lässt…
Und wir erzählen niemandem, dass wir uns dieses heisse Bad im Nachhinein noch so richtig verdienen mussten… Volle 20Min schieben wir unsere schweren “Kähne” gemeinsam(!) den Abhang hoch! Und schnaufen dabei “wie auti Ross”.
Die Nacht verbringen wir “auf dem Mond”. Die Landschaft ist hier sehr karg, kaum Pflanzen und die etwas windgeschütze Senke in welcher wir unsere grüne Villa aufstellen, erweckt wirklich den Eindruck einer Mondlandschaft. Und kalt ist es auch etwa so wie wir uns dies vom Mond vorstellen… Also packen wir uns warm ein und ab sofort sind also Himmelblauchen und Rosenrot, wie zu Beginn der Reise bereits aus der Ferne an ihren Regen- resp. hier WINDjacken zu erkennen… ;-)
Bis Alichur fahren wir eine richtiggehende Rally… Was sich hier Strasse nennt ist teils kaum mehr als solches zu erkennen. Die Landschaft entlöhnt jedoch auch hier: Geysire, Salzseen, Berge in karminrotem Gestein, Pflanzen, die sich herbstlich verfärben, verlassene Sommer-Hirtenbehausungen… In Alichur wird ganz deutlich ersichtlich, dass wir mit dem Überqueren des Kargush-Passes auch eine weitere Blutsgrenze passiert haben. Die Gesichter haben kirgisische Züge. Und die ersten Männer tragen den Kalpak (trad. Weisser Filzhut). “Es tschuderet mi...” Wie lange habe ich von Kirgistan geträumt? Und nun sind wir wirklich so nah…??!
Die Weite nach Alichur wird sich noch lange in unseren Erinnerungen halten. Die Intensität der rot-gelb-braun-grün gefärbten Matten, die Yaks, welche stets in Grüppchen ziehen, die Jurten, die uns umgebenden Berge, der stahlblaue See, … da stockt uns der Atem! Und dies Mal nicht aufgrund der Höhe.
Und mittendrinn – “allein auf weiter Flur” - ein einfaches Haus, das sich als Homestay enpuppt. Ein kirgisisches Paar, das uns wunderbar versorgt.
Während wir drinnen an der Wärme sitzen, kommt draussen ein kalter Abendwind auf. Nichtsdestotrotz gönnen sich die beiden Yaks vor der Heimkehr noch ein Bad im Abfluss des Fischzuchtteichs. Alsbald werden sie dann an einem Pflock angebunden und gemolken. Von Hand. Was für ein idyllisches Bild! Die gewaltige Berglandschaft, ins letzte Tageslicht getaucht, das schwarze zottige Tier mit den geschwungenen Hörnern, dessen Grunzlaute bis in die gute Stube dringen, eine Frau mit hellem Kopftuch kauert daneben und entlockt dem Euter mit flinken Bewegungen die deftige Milch. Den Wind im Rücken fahren wir ostwärts – unzählige Male halten wir an und versuchen diese einmalige Landschaft sowohl als Ganzes als auch in ihren Details mit Fotos festzuhalten. Die Worte fehlen, hier können nur Bilder sprechen…
In Murgab hält uns nichts… Es hängt eine eigenartige Stimmung über dieser kleinen Stadt auf dem Dach der Welt, welche wichtiger Knotenpunkt für den chinesisch-tajikischen Handel ist (von hier kann man direkt auf den Karakorum-Highway gelangen, der nach Kashgar führt). Die Lebensbedingungen sind hart, die Behausungen erwecken nicht den Eindruck, als wären sie für die harten Winter hier oben geschaffen… Dennoch scheint Murgab zu wachsen - ausgangs Dorf sehen wir viele Neubauten entstehen.
Auf dem Bazar, bunt zusammengewürfelte zu kleinen Läden umfunktionierte Schiffscontainer, versorgen wir uns mit neuem Proviant und Wasser, bevor wir weiterziehen.
Wir folgen dem Haupttal, lassen uns hinter jedem Ausläufer der uns umgebenden Bergkolosse von einem neuen Panorama überraschen. Diese Weite… Diese Stille… Der Aufstieg zum höchsten Pass zieht sich in die Länge und erneut kommt ein starker Wind auf. So ist der Schwatz mit Laura und Yves aus der Schweiz herzlich Willkommen. Die beiden sind mit einem Mercedes Kastenwagen auf ihrer Hochzeitsreise. Schliesslich übernachten wir, zusammen mit Andrej aus der Ukraine, kurz unterhalb des Passes bei einer Familie, in einer einfachen Behausung. Wir erfahren, dass sie im Auftrag der Regierung, im Winter die Passstrasse von Hand!!!, vom Schnee freischaufeln. Unvorstellbar! Und erst noch unter diesen Bedingungen… Manchmal habe ich den Eindruck, dass die Gastfreundschaft und Herzlichkeit gleichermassen zu den erschwerten Lebensbedingungen ansteigen. Ich bin berührt und beeindruckt. Und ich werde mich wohl noch lange an das Spielen mit den Kindern erinnern. Mit einem Stück Draht, das zu allen möglichen Figuren geformt werden kann, “Chacheli” die sorgfältig über den Boden gerollt werden, da kein Ball vorhanden ist und Zeitungspapier zu Schiffli, Drachen und Hüten gefaltet, bevor es zum Anfeuern verwendet wird...
Und frühmorgens ein unvergleichliches “Spektakel”. Etwa zwanzig Yak-Muttertiere sind neben dem Haus an Pflöcken angebunden. Die meisten liegen scheinbar gemütlich da und kauen gemächlich wieder. Als sich die beiden Frauen mit Eimern nähern, kommt Bewegung in die Szene und erst recht als die ersten beiden Kälber aus dem separaten Stall gelassen werden. Es geht ein Grunzen und Quiecken durch die Runde (Yaks muhen nicht…) und bald schon hat Klein-Yak Mama gefunden und erlabt sich, munter schwänzelnd, an der Milchbar. Doch dieses Vergnügen ist von kurzer Dauer, denn sie werden von den Frauen zur Seite gedrängt. Das Kopftuch wird gerichtet und eine bequeme Kauerstellung eingenommen, bevor flinke Hände die Milch in die Eimer spritzen lassen. Sind die Melkerinnen fertig, überlassen sie ihren Platz erneut den Jungtieren, leeren ihre Eimer in eine grosse “Bränte” und wechseln zur nächsten Yak-Kuh, wo das Kälblein bereits “angerüstet” (oder wie hiess das nun schon wieder?) hat.
Unsere Körper haben sich mittlerweile an die Höhe gewöhnt und so erreichen wir den Akbaital-Pass auf über 4600müM zwar schnaubend aber dennoch einfacher als erwartet. Dann wartet eine sogenannte Waschbrett-Abfahrt auf uns. Oh Mensch, ist das anstrengend und mit der Zeit auch richtig nervend… Velofahrers Los…
Die Landschaft ist und bleibt unglaublich schön. Auch Kargheit kann bestechend sein… Erst recht wenn hie und da ein 6000er “vüreglüüslet”! Es kommt erneut der Nachmittagswind auf und der Himmel bedeckt sich, Wolkenschwaden senken sich dem Boden zu. Es riecht nach Schnee. Mit Seitenwind und Freude über die nun piekfein asphaltierte Strasse können wir schon bald die Ufer des Karakol-Sees erspähen… Gewaltig ruht er da inmitten der Bergkolosse, kann sich zwar nicht mit deren Höhe messen, übertrumpft sie jedoch um vielfaches was die Farben anbelangt. Vom tiefen Blau bis hin zum hellen Türkis – fast wie in Sardinien; nur besser ;-)
Auf den ersten Blick glaubt man in Karakol ein Fischerdorf erkennen zu können. Ist aber ein Trugschluss - in diesem See können aufgrund des zu tiefen Sauerstoffgehaltes keine Fische überleben…
Auf der kalten und windigen Weiterfahrt am nächsten Morgen, zieht uns der Karakol immer wieder in den Bann… Und wir tanken bei der späten Znüni-Pause nochmals richtig Energie von dessen Anblick. Durch das “Tal es Windes und des Todes” kämpfen wir uns gemeinsam mit Raphael und Isabelle Richtung kirgisische Grenze. Solch ein Gegenwind hatten wir noch nie…! Und er geht einem durch Mark und Bein. Es ist gefühlte minus 20Grad…
Den tajikischen Grenzposten erreichen wir anderntags nach einer bitterkalten Nacht und einem eher unerfreulichen Besuch der Grenzwächter noch vor dem Frühstück, kurz vor dem Mittag. Die Formalitäten sind hier schnell erledigt und so bleibt uns noch der letzte km… Noch einmal um den Hügel und dann können wir bereits die Passhöhe KyzylArt sehen. Wir treten noch einige Mal kräftig in die Pedale und dann… dann fahren wir in K I R G I S T A N ein…! Ich kann es kaum fassen… Ein jahrelang gehegter Traum geht in Erfüllung. Nach fast sieben Monaten im Sattel… aus eigener Kraft sind wir nun hier… Glücklich, aufgewühlt, beflügelt, stolz, …! Ein kräftiges “high five”, eine festefeste Umarmung, ...
Innert kürzester Zeit vernichten wir dann gut tausend Höhenmeter und gelangen schliesslich durch das beeindruckende Bergtal an den etwa 20km entfernten kirgisischen Grenzposten, wo wir “wie dür en Anke” passieren können. Unser Nachtlager schlagen wir vor der atemberaubenden Kulisse von Pamir und TienShan auf…